Artikel 328
Am 31.12.2024 aktualisiert
5
10
93
6

Art. 328 Revisionsgründe

1 Eine Partei kann beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn:

  • a. sie nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel findet, die sie im früheren Verfahren trotz gehöriger Aufmerksamkeit nicht beibringen konnte; ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind;
    b. ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Nachteil der betreffenden Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; eine Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden;
    c. geltend gemacht wird, dass die Klageanerkennung, der Klagerückzug oder der gerichtliche Vergleich wegen formeller oder materieller Mängel unwirksam ist.

  • d. sie einen Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt und kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht.

2 Die Revision wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK) kann verlangt werden, wenn:

  • a. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
    b. eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
    c. die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.

Version vor dem 01.01.2025

Art. 328 Revisionsgründe

1 Eine Partei kann beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn:

  • a. sie nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel findet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte; ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind;
    b. ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Nachteil der betreffenden Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; eine Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden;
    c. geltend gemacht wird, dass die Klageanerkennung, der Klagerückzug oder der gerichtliche Vergleich unwirksam ist.

2 Die Revision wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK) kann verlangt werden, wenn:

  • a. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
    b. eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
    c. die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.

Botschaften
Botschaft 2006 S. 7379

Die Revision ist allen kantonalen Zivilprozessordnungen bekannt. Sie dient der materiellen Wahrheit, indem sie aus bestimmten Gründen einen rechtskräftigen Fehlentscheid zu korrigieren erlaubt. In Bezug auf diese sog. Revisionsgründe bestehen im kantonalen Recht Unterschiede. Neben den beiden klassischen Gründen (Einwirkung auf das Urteil durch eine strafbare Handlung, nachträgliche Entdeckung neuer Tatsachen und Beweismittel) unterstellen einige kantonale Ordnungen auch schwere Verfahrensfehler sowie die Anfechtung von Vergleichen der Revision. Diese erweiterte Revision spielt auch in der Bundesrechtspflege (Art. 136 OG bzw. 122 f. BGG ). Wie der Vorentwurf beschränkt sich der Entwurf grundsätzlich auf die klassische Revision (so auch Art. 417 E-StPO), denn Verfahrensfehler sind mit den Hauptrechtsmitteln (Berufung oder Beschwerde) geltend zu machen. Neu hinzugekommen ist hingegen die Revision wegen Verletzung der EMRK. Im Einzelnen nennt der Entwurf – abschliessend – folgende Revisionsgründe:
– Revision wegen Noven (Abs. 1 Lit. a), wobei es sich um unechte handeln muss (Tatsachen und Beweismittel, welche zurzeit des damaligen Prozesses bereits vorhanden waren, die aber aus entschuldbaren Gründen nicht vorgebracht werden konnten). Unsorgfältige Prozessführung wird nicht mit Revision belohnt
– Revision wegen einer strafbaren Handlung (Verbrechen oder Vergehen; Abs. 1 Lit. b): Dieser Grund ist beispielsweise gegeben, wenn durch falsches Zeugnis, falsches Gutachten, falsche Übersetzung, Gebrauch gefälschter Urkunden oder Bestechung auf den Entscheid eingewirkt wurde. Das Verbrechen oder Vergehen muss somit kausal für den Fehlentscheid sein.
– Anfechtung bestimmter Dispositionsakte einer Partei (Abs. 1 Lit. c): Mangels Entscheidqualität können ein Vergleich, ein Klagerückzug oder eine Klageanerkennung weder mit Berufung noch mit Beschwerde angefochten werden. Die Anfechtungsmöglichkeit mit Revision hingegen entspricht einer modernen Tendenz im Prozessrecht. Als Revisionsgrund kommen vorab Willensmängel in Frage ( Art. 21 ff. OR ).

(auch) unter der revZPO anwendbarBotschaft 2020

S. 2719: Die umfangreiche bundesgerichtliche Rechtsprechung zur ZPO soll differenziert und punktuell in das Gesetz aufgenommen werden. Geschehen soll dies in jenen Fällen, in denen es sich um eine verallgemeinerungsfähige Präzisierung oder Klarstellung des Gesetzestextes handelt und eine zentrale und für die Rechtsunterworfenen unmittelbar relevante Frage des Prozessrechts im Bereich der Zuständigkeit, weiterer Prozessvoraussetzungen oder der Rechtsmittel betroffen ist sowie in den Fällen, in denen die Praxis des Bundesgerichts nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht erwünscht ist und daher angepasst werden soll. Es geht damit namentlich um die Fragen der Zulässigkeit von Rechtsmitteln (z.B. Zulässigkeit der Revision als Rechtsmittel bei Entdeckung eines Ausstandsgrundes nach Abschluss des Verfahrens [vgl. Art. 51 Abs. 3 und 328 Abs. 1 Bst. d E-ZPO] [...].

S. 2774: Art. 328 Abs. 1 Bst. d

Nach Artikel 51 Absatz 3 ZPO sind nach Abschluss des Verfahrens entdeckte Ausstandsgründe im Verfahren der Revision geltend zu machen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt dies jedoch nur dann, wenn kein anderes Rechtsmittel mehr zur Verfügung steht. Nach dem Vorschlag des Bundesrates soll daher Artikel 51 Absatz 3 ZPO entsprechend angepasst und präzisiert werden (vgl. dazu vorne die Erläuterungen zu Artikel 51 Absatz 3 E-ZPO). Angesichts dieser Anpassung ist der bereits für das geltende Recht unvollständige (Vgl. Dieter Freiburghaus/Susanne Afheldt, Art. 328 N 12, in: ZK ZPO, 3. Aufl., Zürich 2016 und Ivo Schwander, Art. 328 N 24, in: DIKE ZPO, 2. Aufl., Zürich 2016.), aber gemäss Botschaft zur ZPO abschliessende (Botschaft ZPO, BBl 2006 7380) Katalog der Revisionsgründe in Artikel 328 Absatz 1 ZPO um diesen Tatbestand der nachträglichen Entdeckung von Ausstandsgründen nach Artikel 51 Absatz 3 E-ZPO zu ergänzen. Dieser Vorschlag wurde auch in der Vernehmlassung unterstützt (Bericht Vernehmlassung, Ziff. 5.47).

Vgl. auch AB 2021 S 692; AB 2022 N 710; AB 2022 S 651.