Art. 328 Revisionsgründe
1 Eine Partei kann beim Gericht, welches als letzte Instanz in der Sache entschieden hat, die Revision des rechtskräftigen Entscheids verlangen, wenn:
a.
sie nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel findet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte; ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind;
b.
ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Nachteil der betreffenden Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; eine Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden;
c.
geltend gemacht wird, dass die Klageanerkennung, der Klagerückzug oder der gerichtliche Vergleich unwirksam ist.
2 Die Revision wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a.
der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind;
b.
eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c.
die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
Die Revision ist allen kantonalen Zivilprozessordnungen bekannt. Sie dient
der materiellen Wahrheit, indem sie aus bestimmten Gründen einen rechtskräftigen
Fehlentscheid zu korrigieren erlaubt. In Bezug auf diese sog. Revisionsgründe
bestehen im kantonalen Recht Unterschiede. Neben den beiden klassischen
Gründen (Einwirkung auf das Urteil durch eine strafbare Handlung, nachträgliche
Entdeckung neuer Tatsachen und Beweismittel) unterstellen einige kantonale
Ordnungen auch schwere Verfahrensfehler sowie die Anfechtung von Vergleichen
der Revision. Diese erweiterte Revision spielt auch in der Bundesrechtspflege
(Art. 136 OG bzw.
122 f. BGG
). Wie der Vorentwurf beschränkt sich der Entwurf grundsätzlich auf die
klassische Revision (so auch Art. 417 E-StPO), denn Verfahrensfehler sind
mit den Hauptrechtsmitteln (Berufung oder Beschwerde) geltend zu machen.
Neu hinzugekommen ist hingegen die Revision wegen Verletzung der EMRK.
Im Einzelnen nennt der Entwurf – abschliessend – folgende Revisionsgründe:
– Revision wegen Noven (Abs. 1 Lit. a), wobei es sich um unechte handeln
muss (Tatsachen und Beweismittel, welche zurzeit des damaligen Prozesses
bereits vorhanden waren, die aber aus entschuldbaren Gründen nicht vorgebracht
werden konnten). Unsorgfältige Prozessführung wird nicht mit Revision belohnt
– Revision wegen einer strafbaren Handlung (Verbrechen oder Vergehen;
Abs. 1 Lit. b): Dieser Grund ist beispielsweise gegeben, wenn durch falsches
Zeugnis, falsches Gutachten, falsche Übersetzung, Gebrauch gefälschter
Urkunden oder Bestechung auf den Entscheid eingewirkt wurde. Das Verbrechen
oder Vergehen muss somit kausal für den Fehlentscheid sein.
– Anfechtung bestimmter Dispositionsakte einer Partei (Abs. 1 Lit. c):
Mangels Entscheidqualität können ein Vergleich, ein Klagerückzug oder eine
Klageanerkennung weder mit Berufung noch mit Beschwerde angefochten werden.
Die Anfechtungsmöglichkeit mit Revision hingegen entspricht einer modernen
Tendenz im Prozessrecht. Als Revisionsgrund kommen vorab Willensmängel
in Frage (
Art. 21 ff. OR
).