Artikel 81
Am 27.05.2022 aktualisiert
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Art. 81 Grundsätze

1 Die streitverkündende Partei kann ihre Ansprüche, die sie im Falle des Unterliegens gegen die streitberufene Person zu haben glaubt, beim Gericht, das mit der Hauptklage befasst ist, geltend machen.

2 Die streitberufene Person kann keine weitere Streitverkündungsklage erheben.

3 Im vereinfachten und im summarischen Verfahren ist die Streitverkündungsklage unzulässig.

Message
S. 7284 f.

Diese qualifizierte Streitverkündung ist eine Alternative zur gewöhnlichen Litisdenuntiatio. Die Drittperson wird nicht nur um Hilfe gerufen, vielmehr erhebt die betreffende Hauptpartei unmittelbar Klage gegen sie. Zu denken ist wiederum an den Verkäufer, der von einer geschädigten Käuferin auf Schadenersatz belangt wird: Er will der Herstellerin den Streit vielleicht nicht nur verkünden, sondern gegen sie sogleich Regressklage erheben. Diese Option gibt ihm die Streitverkündungsklage. Der Verkäufer kann die Herstellerin vor das Gericht ziehen, das bereits mit dem Schadenersatzprozess befasst ist. Aufgrund des Sachszusammenhangs ist dieses Gericht auch für die Regressklage örtlich und sachlich zuständig.

Die Streitverkündungsklage führt dazu, dass die Ansprüche verschiedener Beteiligter in einem einzigen Prozess – statt in sukzessiven Einzelverfahren – behandelt werden können. Ein solches «Gesamtverfahren» bietet viele Vorteile:

– Da die Streitverkündungsklage nicht nur am Ort des Hauptprozesses, sondern direkt beim befassten Gericht erhoben wird, werden widersprüchliche Urteile im Erst- und Folgeprozess vermieden. Den Parteien bleibt zudem ein möglicherweise aufwändiger Gerichtsstandwechsel erspart.

– Sodann werden Synergien genutzt: Die Aktenkenntnis des Gerichts kann in zwei Prozessen verwendet werden. Auch für die Beweiserhebung bieten sich Vorteile. Es ist beispielsweise möglich, einen Augenschein oder eine Zeugenbefragung am selben Gerichtstag gleichzeitig für beide Prozesse durchzuführen oder ein und dasselbe Sachverständigengutachten in beiden Prozessen zu verwenden.

Insgesamt kann sich dadurch eine namhafte Kosten- und Ressourcenersparnis für die Parteien und das Gericht ergeben. Trotzdem ist die Streitverkündungsklage nicht ganz unproblematisch: So zwingt sie die dritte Person je nachdem zur Prozessführung an einen «fremden» Gerichtsstand. Ausserdem hat sie für den hängigen Hauptprozess notwendigerweise Verzögerungen und Komplikationen zur Folge. Deshalb ist diese Verfahrensoption erstens nicht voraussetzungslos und zweitens nicht in allen Prozessarten zulässig.

Artikel 81 Absatz 1 nennt die Voraussetzungen der Streitverkündungsklage: Die Bestimmung verlangt – anders als noch der Vorentwurf – neben der gleichen sachlichen Zuständigkeit und der gleichen Verfahrensart zusätzlich die Konnexität von Haupt- und Folgeanspruch. Die Hauptfälle solcher Konnexität sind Regress- und Gew.hrleistungsansprüche zwischen einer Partei und der dritten Person. Die streitberufene Partei kann ihrerseits keine weitere Streitverkündungsklage erheben (Art. 81 Abs. 2). Damit wird der Kettenappell und eine zu grosse Komplizierung und Verzögerung der Verfahren vermieden. Meist ist somit ein anderes Gericht an einem anderen Ort für die weitere Klage der Drittperson zuständig. Doch

könnte selbst in diesem Fall eine Überweisung an das Gericht des Hauptprozesses stattfinden, um dem Sachzusammenhang Rechnung zu tragen (Art. 127). Die Prozesse hingegen würden grundsätzlich getrennt geführt. Anders als noch der Vernehmlassungsentwurf schliesst der Entwurf die Streitverkündungsklage im vereinfachten und summarischen Verfahren ausdrücklich aus (Art. 81 Abs. 3). Sie würde dem Wesen dieser Verfahren zu sehr widersprechen, weil sie zwangsläufig zu einer gewissen Komplikation und Verlängerung des Prozesses führt. Das Arbeitsfeld der Streitverkündungsklage ist somit auf das ordentliche Verfahren und die Handelsgerichtsbarkeit beschränkt.