Artikel 1
Am 03.09.2024 aktualisiert
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Art. 1 Gegenstand

Dieses Gesetz regelt das Verfahren vor den kantonalen Instanzen für:

a. streitige Zivilsachen;
b. gerichtiche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
c. gerichtliche Angelegenheiten des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts;
d. die Schiedsgerichtsbarkeit.

Message
S. 7257 ff.

Die ZPO regelt – ganz allgemein gesprochen – das Verfahren in Zivilsachen (Art. 1). Dabei spielt es keine Rolle, ob es um eine streitige oder nichtstreitige Angelegenheit geht: Die ZPO gilt auch für die so genannte freiwillige Gerichtsbarkeit (Bst. a und b). Während jedoch die streitigen Sachen ausnahmslos erfasst werden, sind bei der freiwilligen Gerichtsbarkeit wesentliche Einschränkungen zu machen. Nur die gerichtlichen Angelegenheiten fallen unter die ZPO:
– Der Entwurf gilt somit nicht für die Registersachen (Zivilstandsregister, Grundbuch, Handelsregister, Register des Geistigen Eigentums): Diese bleiben
– weil Gegenstand eigentlicher Verwaltungsverfahren – in den einschlägigen Spezialerlassen geregelt.
– Die öffentliche Beurkundung fällt ebenfalls nicht unter die ZPO, sondern bleibt Sache des kantonalen Rechts ( Art. 55 SchlT ZGB ).
– Keine Geltung hat die ZPO ferner für Zivilsachen, die von kantonalen Verwaltungsbehörden behandelt werden ( Art. 54 SchlT ZGB ): Bei diesen wird weiterhin kantonales Verwaltungsverfahrensrecht zur Anwendung kommen, wie das in der Vernehmlassung aus verfassungsrechtlichen Gründen gefordert wurde. Doch steht es den Kantonen selbstverständlich frei, die neue ZPO anwendbar zu erklären.
– Die ZPO gilt auch nicht automatisch für den Kindesschutz und das Vormundschaftsrecht. Die Kantone bleiben im Rahmen des Zivilgesetzbuches zuständig, das Verfahren zu regeln. Sie können die Verwaltungsjustiz für anwendbar erklären oder das Verfahren der ZPO unterstellen. Der Entwurf für ein revidiertes Kindes- und Erwachsenenschutzrecht hält an dieser Kompetenzordnung grundsätzlich fest – allerdings mit einem deutlichen Bekenntnis zur neuen einheitlichen ZPO: Diese wird neben den revidierten Verfahrensbestimmungen des ZGB zur Anwendung kommen, wenn die Kantone nichts anderes vorsehen ( Art. 450f E-ZGB ). Im revidierten Kindes- und Erwachsenenschutz wird also «vermutungsweise» Zivilprozessrecht gelten.
Dass das Verfahren für die freiwillige Gerichtsbarkeit nicht ganz vereinheitlicht werden kann, liegt nicht nur an der föderalistischen Struktur unseres Landes, sondern vor allem an der fehlenden Schärfe dieses Begriffes. Obwohl ein klassischer und sehr geläufiger Terminus des Zivilprozessrechts, ist «freiwillige Gerichtsbarkeit» viel eher eine historische als eine technische Bezeichnung. Zu viele unterschiedliche Materien fallen darunter: Eigentliche Gerichtssachen (diese werden allesamt von der ZPO erfasst), reine Verwaltungstätigkeit (Register und öffentliche Beurkundung) bis hin zu eigentlicher Eingriffsverwaltung oder Fürsorge (Massnahmen des Kindes- und Erwachsenenschutzes). Ihnen gemeinsam ist nur, dass sie mit Zivilrecht in Zusammenhang stehen. Deshalb können sie zwar mit der Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht weiter gezogen werden (vgl. Art. 72 Abs. 2 Bst. b BGG ), bei den Vorinstanzen jedoch bedingen die unterschiedlichen Materien unterschiedliche Verfahren.
Die ZPO wird auch für die gerichtlichen Angelegenheiten des SchKG gelten (Art. 1 Bst. c). Dabei spielt es – wie schon nach geltendem Recht – keine Rolle, ob der Streit wirklich zivilrechtlicher oder lediglich betreibungsrechtlicher Natur ist, auch nicht, ob ein einlässliches (z.B. Aberkennung- oder Kollokationsprozess) oder nur ein summarisches Verfahren (wie Rechtsöffnung oder Arrest) in Frage steht. Auch einseitige Anordnungen der Gerichte (z.B. die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven, Ermächtigungen des Nachlassgerichts zur Veräusserung oder Belastung von Anlagevermögen) werden nach den Regeln der ZPO getroffen. Die Verfügungen der Vollstreckungsorgane hingegen (insbesondere der Betreibungs- und Konkursämter) sowie die betreibungsrechtliche Beschwerde ( Art. 17 ff. SchKG ) stehen ausserhalb der ZPO. Sie bleiben – wie bis anhin – eigenständige Verwaltungsverfahren.
Der Geltungsbereich umfasst auch die sog. Binnenschiedsgerichtsbarkeit (Art. 1 Bst. d; vgl. die Erläuterungen zu den Art. 353 ff.).