Artikel 210
Am 26.10.2016 aktualisiert
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Art. 210 Urteilsvorschlag

1 Die Schlichtungsbehörde kann den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreiten in:

a. Streitigkeiten nach dem Gleichstellungsgesetz vom 24. März 1995;
b. Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie aus landwirtschaftlicher Pacht, sofern die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen, der Schutz vor missbräuchlichen Miet- und Pachtzinsen, der Kündigungsschutz oder die Erstreckung des Miet- und Pachtverhältnisses betroffen ist;
c. den übrigen vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 5000 Franken.

2 Der Urteilsvorschlag kann eine kurze Begründung enthalten; im Übrigen gilt Artikel 238 sinngemäss.

Message
S. 7333 f.

Der Urteilsvorschlag nimmt eine Mittelstellung ein zwischen einem behördlichen Vergleichsvorschlag und einem Entscheid. Vergleichsvorschlag ist er insoweit, als ihn jede Partei frei ablehnen kann. Bei Stillschweigen der Parteien hingegen reift er zum rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid.

Für kleinere vermögensrechtliche Streitigkeiten kennen einige Kantone dieses Institut bereits heute. So können die Friedensrichter der Kantone SZ und AG bis zu einem Streitwert von 2000 Franken einen Urteilsvorschlag unterbreiten, im Kanton SG reicht diese Kompetenz sogar bis 5000 Franken. Auch dem Bundesrecht ist er nicht fremd: In bestimmten Streitigkeiten aus Miete und Pacht kann die Schlichtungsbehörde einen sog. Entscheid fällen, der aber im Grunde genommen nur ein Urteilsvorschlag ist.

In der Vernehmlassung blieb der Urteilsvorschlag nicht unbestritten. Dennoch hält der Bundesrat daran fest, denn er kann ein sinnvolles Zusatzinstrument vorprozessualer Streiterledigung sein. Anders als im Vorentwurf (Art. 204 VE) wird er jedoch als freie Option der Schlichtungsbehörde ausgestaltet. Er ist namentlich für Fälle gedacht, in denen – trotz gewisser Vergleichsbereitschaft der Parteien – eine Einigung nicht zustande kommen will.

Doch nicht jede Zivilsache darf durch Urteilsvorschlag abgeschlossen werden, denn die Haupttätigkeit der Schlichtungsbehörde soll das klassische Schlichten bleiben (Art. 210 Abs. 1):

Unbeschränkt zulässig ist er nur auf dem Gebiet des Gleichstellungsrechts (Bst. a), was einem praktischen Bedürfnis dieser spezialisierten Schlichtungsstellen entspricht.

Wie bisher nur in beschränktem Rahmen zulässig ist er dagegen im Miet- und  Pachtrecht (Bst. b). Der  weitergehende  Vorschlag  des  Vorentwurfs wurde in der Vernehmlassung abgelehnt.

Schliesslich ist der Urteilsvorschlag möglich für alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 5000 Franken (Bst. c).

Grundsätzlich ist der Urteilsvorschlag wie ein Entscheid abzufassen und zu eröffnen (Art. 210 Abs. 2). Er braucht aber nicht begründet zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn die Parteien dies verlangen sollten: Denn es bedarf keines Rechtsmittels, um ihn abzulehnen.