Art. 401a Statistik und Geschäftszahlen
Bund und Kantone sorgen gemeinsam mit den Gerichten dafür, dass genügend statistische Grundlagen und Geschäftszahlen über die Indikatoren der Anwendung dieses Gesetzes vorliegen, insbesondere Anzahl, Art, Materie, Dauer und Kosten der Verfahren.
S. 2720: Die Vorschläge zur Schaffung einer bundesgesetzlichen Grundlage für die zukünftige schweizweit einheitliche Erfassung und Erstellung von Statistiken wurden zwar von einer knappen Mehrheit begrüsst, aber von den davon in erster Linie betroffenen Kantonen und Gerichten mehrheitlich abgelehnt, namentlich unter Hinweis auf die damit verbundenen Kosten und Aufwände (Bericht Vernehmlassung, Ziff. 5.62). Weil für die Zukunft eine schweizweit einheitliche Datenlage zur Zivilprozesspraxis unverändert notwendig erscheint, hält der Bundesrat in angepasster Form an seinen Vorschlägen fest (vgl. Art. 401a E-ZPO). Den Einwänden der Kantone und Gerichte wird insbesondere bei der Umsetzung gebührend Rechnung zu tragen sein, so dass Mehrbelastungen wenn immer möglich vermieden werden können.
S. 2723: Grundsätzlich bedürfen die vorgeschlagenen Anpassungen bestehender Bundesgesetze keiner weiteren Umsetzung auf Verordnungsstufe. Das gilt auch für die in Artikel 400 Absatz 2bis E-ZPO neu vorgesehene Pflicht des Bundesrates (mit Delegationsmöglichkeit an das Bundesamt für Justiz), Informationen zu den Prozesskosten und den Möglichkeiten der unentgeltlichen Rechtspflege und der Prozessfinanzierung zur Verfügung zu stellen (vgl. die Ausführungen zu Art. 400 Abs. 2bis und 3 E-ZPO unter Ziff. 4.3) und die Ermittlung von Geschäftszahlen und die Erstellung statistischer Grundlagen (vgl. Art. 401a E-ZPO und die Erläuterungen dazu).
S. 2777 f.: Art. 401a Statistik und Geschäftszahlen
Die Arbeiten zu dieser Vorlage haben deutlich vor Augen geführt, dass derzeit für die gesamte Schweiz keine eigentliche «Zivilprozessstatistik» vorliegt und eine Vielzahl zum Verständnis der Praxis der ZPO bedeutsamer Zahlen und Statistiken derzeit nicht schweizweit verfügbar sind (vgl. dazu vorne unter Ziff. 1.1.5). Soweit im Rahmen der Arbeiten der Europäischen Kommission für die Effizienz der Justiz (CEPEJ), einem Fachgremium des Europarats (Für weitere Informationen dazu siehe auch unter www.europewatchdog.info > Instrumente > Fachgremien > Effizienz der Justiz (CEPEJ)), Daten über die Funktionsweise der Justiz und damit auch zum Zivilverfahrensrecht gesammelt werden, so sind diese einzigen schweizweit verfügbaren Daten nach wie vor nur bruchstückhaft und aus verschiedenen Gründen beschränkt aussagekräftig. Dies kontrastiert insbesondere mit umliegenden europäischen Ländern, z.B. Deutschland oder Österreich. Verlässliche Informationen zu den massgebenden Rechtstatsachen stellen jedoch unbestrittenermassen eine zentrale Grundlage für Gesetzesanpassungen und -revisionen sowie die Wissenschaft dar (Vgl. auch Isaak Meier, Evaluative Justizstatistik – am Beispiel des Einleitungsverfahrens, ZZZ 2016, S. 5 ff., 6 f.).297
Daher soll neu direkt in der Zivilprozessordnung selbst eine gesetzliche Grundlage für die Ermittlung von Geschäftszahlen und die Erstellung statistischer Grundlagen des Zivilprozessrechts geschaffen werden. Zweifellos handelt es sich dabei um eine Gemeinschaftsaufgabe, die dem Bund, den Kantonen und den Gerichten (kantonale Gerichte und Bundesgericht) gemeinsam obliegt; nur gemeinsam lässt sich das längerfristige Ziel schweizweit vereinheitlichter und damit vergleichbarer Statistiken und Geschäftszahlen überhaupt sinnvoll erreichen. Gleichzeitig liegt dieses Ziel auch im Interesse des Bundes, der Kantone, der Gerichte als Direktbetroffene sowie letztlich auch der Gesellschaft und Öffentlichkeit. Die neue Bestimmung hält daher zukünftig fest, dass Bund und Kantone gemeinsam mit den Gerichten dafür sorgen, dass genügende statistische Grundlagen und Geschäftszahlen über die massgeblichen Kennzahlen der praktischen Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere Anzahl, Art, Materie, Dauer und Kosten für alle Verfahren der ZPO vorliegen. Dieser Auftrag richtet sich somit gleichsam an Bund, Kantone und Gerichte, und diese können ihn nur gemeinsam erfüllen. Das ist aus Kompetenz- und Ressourcengründen naheliegend und zielführend. Ermittelt werden sollen diejenigen Daten und Zahlen, welche für das Funktionieren und das Verständnis der ZPO und der daran beteiligten Akteure grundlegend und massgeblich sind. Somit geht es in erster Linie um die Daten und Zahlen in Bezug auf die Anzahl der Verfahren (Verfahrenseingänge und Erledigungen), wobei nach den verschiedenen Verfahrensarten und Materien (Sach- bzw. Rechtsgebieten) zu unterscheiden ist, sowie weiterführend zu Dauer und Kosten der Zivilverfahren. Umgekehrt sollen lediglich soweit notwendig und verhältnismässig Daten und Zahlen ermittelt werden; darüber hinaus können Wissenschaft und Forschung wie bisher weitere Zahlen ermitteln.
Soweit sich in der Vernehmlassung insbesondere die Kantone ablehnend geäussert haben, ist dieser Kritik bei der Umsetzung Rechnung zu tragen (Vgl. Bericht Vernehmlassung, Ziff. 5.62): So sind organisatorische und finanzielle Mehrbelastungen der Kantone und Gerichte wenn immer möglich zu vermeiden und ist die Organisationsautonomie der Kantone bei der Gerichtorganisation zu gewährleisten. Als Gemeinschaftsaufgabe wird auch der Bund seinen Anteil bei der Aufgabenerfüllung übernehmen. Angesichts dieser Kritik verzichtet der Bundesrat auch auf weitere Konkretisierungen bereits auf Stufe des Gesetzes. Vielmehr sollen insbesondere die Festlegung der zu ermittelnden Daten und Zahlen von Bund, Kantonen und Gerichten sowie die dafür vorzusehenden Zeiträume und Übergangsfristen gemeinsam festgelegt werden. Dabei wird selbstverständlich auf die bereits bestehenden Strukturen, namentlich bei der Ermittlung der von der Schweiz für die CEPEJ-Umfragen gelieferten Zahlen sowie im Rahmen der Justizkonferenz, zurückgegriffen beziehungsweise diese sinnvoll weiterentwickelt werden können. In diesem Zusammenhang dürften auch die laufenden Bestrebungen des elektronischen Rechtsverkehrs im Projekt «Justitia 4.0» wesentliche Synergieeffekte bieten.
S. 2780: Soweit dem Bund mit der Pflicht zur Publikation allgemeiner Informationen zu den Prozesskosten und den Möglichkeiten der unentgeltlichen Rechtspflege sowie der Prozessfinanzierung und der Ermittlung von Geschäftszahlen und die Erstellung statistischer Grundlagen neue Aufgaben zukommen (vgl. Art. 400 Abs. 2bis und Art. 401a E-ZPO und die Erläuterungen dazu), werden ihm mittelbar zusätzliche Ausgaben entstehen. Sie können aber im Rahmen der verfügbaren Mittel von den zuständigen Stellen und Behörden finanziell und personell getragen werden.