Artikel 5
Am 02.12.2024 aktualisiert
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Art. 5 Einzige kantonale Instanz

1 Das kantonale Recht bezeichnet das Gericht, welches als einzige kantonale Instanz zuständig ist für:

  • a. Streitigkeiten im Zusammenhang mit geistigem Eigentum einschliesslich der Streitigkeiten betreffend Nichtigkeit, Inhaberschaft, Lizenzierung, Übertragung und Verletzung solcher Rechte;
    b. kartellrechtliche Streitigkeiten;
    c. Streitigkeiten über den Gebrauch einer Firma;
    d. Streitigkeiten nach dem Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb, sofern der Streitwert mehr als 30 000 Franken beträgt oder sofern der Bund sein Klagerecht ausübt;
    e. Streitigkeiten nach dem Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. März 1983;
    f. Klagen gegen den Bund;
    g. Streitigkeiten über die Einleitung und Durchführung einer Sonderuntersuchung nach den Artikeln 697c–697hbis des Obligationenrechts (OR);
    h. Streitigkeiten nach dem Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 2006, nach dem Finanzmarktinfra­strukturgesetz vom 19. Juni 2015 und nach dem Finanzinstitutsgesetz vom 15. Juni 2018;
    i. Streitigkeiten nach dem Wappenschutzgesetz vom 21. Juni 2013, dem Bundesgesetz vom 25. März 1954 betreffend den Schutz des Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes und dem Bundesgesetz vom 15. Dezember 1961 zum Schutz von Namen und Zeichen der Organisation der Vereinten Nationen und anderer zwischenstaatlicher Organisationen.


2 Diese Instanz ist auch für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen vor Eintritt der Rechtshängigkeit einer Klage zuständig.

Botschaften
Botschaft 2006 S. 7260

Bereits heute schreibt das Bundesrecht den Kantonen für die Beurteilung immaterialgüter- und wettbewerbsrechtlicher sowie gewisser haftpflichtrechtlicher Klagen eine einzige Instanz vor (vgl. [a]Art. 76 PatG, [a]Art. 58 Abs. 3 MSchG, [a]Art. 37 DesG, [a]Art. 42 Sortenschutzgesetz, [a]Art. 64 Abs. 3 URG, [a]Art. 14 Abs. 1 KG und [a]Art. 23 KHG). Diese Spezialmaterien verlangen nach einer Konzentration des rechtlichen und fachlichen Wissens bei einem einzigen kantonalen Gericht. Absatz 1 übernimmt im Wesentlichen den heutigen Rechtszustand, wobei ausdrücklich auch die Lizenzstreitigkeiten unter diese exklusive Zuständigkeit fallen (Bst. a, b und e). Für die Streitigkeiten aus Patenrecht wird zurzeit sogar die Schaffung eines besonderen Bundespatentgerichtes diskutiert. Die ZPO wird entsprechend anzupassen sein, wenn ein solches Spezialgericht verwirklicht wird. Die geltende Ordnung wird zudem durch zwei eng mit dem Immaterialgüterrecht verwandten Materien ergänzt: Streitigkeiten nach dem UWG (Bst. d) und Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Gebrauch einer Firma (Bst. c; vgl. Art. 944 und 956 OR. Ferner haben die Kantone das Gericht zu bezeichnen, welches als einzige Instanz für die Einsetzung eines Sonderprüfers (Bst. g; vgl. Art. 697b OR) sowie für Klagen gegen den Bund zuständig ist (Bst. f). Bei den Letzteren handelt es sich um Klagen, für die nicht der direkte Prozess vor Bundesgericht anwendbar ist (Art. 41 OG bzw. Art. 120 BGG. Auch Rückführungsentscheide bei internationalen Kindsentführungen gehören vor eine einzige kantonale Instanz (Bst. h; vgl. auch die Erläuterungen zu Art. 298 [nicht erhalten]). Die Höhe des Streitwertes spielt für die Zuständigkeit nach Artikel 5 grundsätzlich keine Rolle. Nur für Streitigkeiten nach dem UWG wird ein Streitwert von mehr als 30 000 Franken verlangt. Denn kleinere Prozesse sind in der Regel Verbrauchersachen, für die das (kostengünstigere) vereinfachte Verfahren (Art. 243 ff.) anzuwenden ist. In den betreffenden Materien spielen die vorsorglichen Massnahmen eine ganz herausragende Rolle. Zu denken ist z.B. an die Einziehung von Produkten, die in Verletzung eines Designrechts zum Verkauf angeboten werden. Die Zuständigkeit eines unteren Gerichts, z.B. eines Bezirksgerichts, wäre hier wenig prozessökonomisch (Zersplitterung des in der Regel komplexen Verfahrens). Vielmehr drängt sich die Zuständigkeit des mit der Hauptsache betrauten Gerichts geradezu auf, und zwar schon für vorsorgliche Massnahmen vor Rechtshängigkeit der Hauptsache (Abs. 2).