Art. 4 Grundsätze
1 Das kantonale Recht regelt die sachliche und funktionelle Zuständigkeit der Gerichte, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.
2 Hängt die sachliche Zuständigkeit vom Streitwert ab, so erfolgt dessen Berechnung nach diesem Gesetz.
Absatz 1 trägt dem föderalistischen Prinzip des Artikels 3 Rechnung: Die
Regelung der sachlichen und funktionellen Zuständigkeit bleibt dem kantonalen
Recht vorbehalten, weil sie untrennbar mit der Gerichtsorganisation zusammenhängt.
Die Kantone können somit wie bisher die Frage der erstinstanzlichen Zuständigkeit
(Einzelrichter bzw. Einzelrichterin oder Kollegialgericht) von einem bestimmten
Streitwert abhängig machen (Abs. 2). Für die Berechnung des Streitwerts
ist die ZPO massgebend (vgl.
Art. 91
ff.).
Wie bei der Gerichtsorganisation können sich jedoch auch hier ausnahmsweise
bundesrechtliche Regelungen aufdrängen: So – wie schon nach geltendem Recht
– für gewisse Materien (z.B. die immaterialgüter-, wettbewerbs- und haftpflichtrechtlichen
Streitigkeiten nach
Art. 5
), dann für die (optionale) Handelsgerichtsbarkeit (
Art. 6
) und die Prorogation des oberen Gerichts (
Art. 8
). Aber auch bestimmte besondere Instrumente des Zivilprozesses verlangen
einheitliche Zuordnungen, damit sie in der ganzen Schweiz einheitlich gehandhabt
werden können: So die Widerklage (
Art. 14
und
224
), die Hauptintervention (
Art. 73
), die Streitverkündungsklage (
Art. 81
), die Vollstreckung vorsorglicher Massnahmen (
Art. 267
) und die Mitwirkung des staatlichen Gerichts bei der Schiedsgerichtsbarkeit
(
Art. 356
und
362
).
Artikel 3 VE hatte den Grundsatz der «double instance» verankert (vgl.
Ziff. 3.2.1). Die ZPO verzichtet darauf, denn dieser Grundsatz ist bereits
im Bundesgerichtsgesetz ausdrücklich festgehalten (
Art. 75 Abs. 2 BGG
). Ferner ergibt er sich unmittelbar aus dem System der Rechtsmittel (
Art. 308
ff.). Eine Wiederholung in der ZPO wäre sogar irreführend, denn grundsätzlich
unterliegen nur untere erstinstanzliche Gerichte einer innerkantonalen
Rechtsmittelkontrolle, nicht jedes erstinstanzliche kantonale Gericht.