Art. 63 Rechtshängigkeit bei fehlender Zuständigkeit und falscher Verfahrensart
1 Wird eine Eingabe, die mangels Zuständigkeit zurückgezogen oder auf die nicht eingetreten wurde, innert eines Monates seit dem Rückzug oder dem Nichteintretensentscheid bei der zuständigen Schlichtungsbehörde oder beim zuständigen Gericht neu eingereicht, so gilt als Zeitpunkt der Rechtshängigkeit das Datum der ersten Einreichung.
2 Gleiches gilt, wenn eine Klage nicht im richtigen Verfahren eingereicht wurde.
3 Vorbehalten bleiben die besonderen gesetzlichen Klagefristen nach dem SchKG.
Eine Partei kann sich an ein unzuständiges Gericht wenden oder für ihr Begehren die falsche Verfahrensart wählen (z.B. das Summarverfahren, obwohl die Sache in einem einlässlichen Prozess zu beurteilen wäre). Dennoch wird ihre Sache zunächst einmal rechtshängig – mit grundsätzlich allen Wirkungen. Auch eine peremptorische Klagefrist wird durch die Eingabe zunächst einmal gewahrt (Art. 143). Tritt nun das Gericht auf die Klage nicht ein (oder zieht die Partei ihre Eingabe zurück), so entfiele die Rechtshängigkeit an sich wieder. Auch die Einhaltung der Klagefrist wäre unter Umständen in Frage gestellt. Diese unbilligen Konsequenzen werden durch die Absätze 1 und 2 vermieden (vgl. auch Art. 34 GestG), sofern sich die Partei binnen der gesetzlichen Nachfrist an das zutreffende Gericht wendet oder das richtige Verfahren einleitet. In diesem Fall wird die Rechtshängigkeit perpetuiert (sog. «Rückdatierung der Rechtshängigkeit«), und die Eingabe gilt als von Anfang an wirksam. Eine Überweisung von Amtes wegen findet dagegen nicht statt. Die damit verbundene Zusatzbelastung des Gerichts stiess bereits bei der Diskussion des Gerichtsstandsgesetzes auf Ablehnung der Kantone. Die Regelung verallgemeinert den Grundsatz von Artikel 139 OR, der damit aufgehoben werden kann (Ziff. 5 des Anhangs). Absatz 3 behält die besonderen gesetzlichen Klagefristen nach SchKG vor (vgl. Art. 32 Abs. 3 SchKG, der aufgehoben werden kann; Ziff. 17 des Anhangs). Bei den Klagen aus SchKG richtet sich Nachfrist somit nach der jeweils (kürzeren) gesetzlichen Klagefrist. Sie beträgt z.B. zwanzig Tage bei der Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG), zehn Tage bei der Lastenbereinigungsklage (Art. 140 SchKG) und zehn Tage bei der Arrestprosequierungsklage (Art. 279 SchKG).