Art. 119 Gesuch und Verfahren
1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann vor oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit gestellt werden.
2 Die gesuchstellende Person hat ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und sich zur Sache sowie über ihre Beweismittel zu äussern. Sie kann die Person der gewünschten Rechtsbeiständin oder des gewünschten Rechtsbeistands im Gesuch bezeichnen.
3 Das Gericht entscheidet über das Gesuch im summarischen Verfahren. Die Gegenpartei kann angehört werden. Sie ist immer anzuhören, wenn die unentgeltliche Rechtspflege die Leistung der Sicherheit für die Parteientschädigung umfassen soll.
4 Die unentgeltliche Rechtspflege kann ausnahmsweise rückwirkend bewilligt werden.
5 Im Rechtsmittelverfahren ist die unentgeltliche Rechtspflege neu zu beantragen.
6 Ausser bei Bös- oder Mutwilligkeit werden im Verfahren um die unentgeltliche Rechtspflege keine Gerichtskosten erhoben.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann jederzeit gestellt werden, sei es vor Eintritt der Rechtshängigkeit oder erst im Laufe des Verfahrens (Abs. 1). Wird es vor Eintritt der Rechtshängigkeit gestellt, so bestimmt sich der Gerichtsstand nach dem Forum der Hauptsache. Die gesuchstellende Partei hat ihre Mittellosigkeit schlüssig darzulegen (Abs. 2). Vielfach sehen die Kantone für das Gesuch ein Formular vor, das entsprechend auszufüllen und – begleitet von den erforderlichen Dokumenten (z.B. Lohnausweis) – dem Gericht einzureichen ist. Zwar gilt in diesem Verfahren ein beschränkter Untersuchungsgrundsatz, doch hat die gesuchstellende Partei bei der Abklärung ihrer finanziellen Verhältnisse mitzuwirken. In Bezug auf die fehlende Aussichtslosigkeit des Hauptprozesses genügt hingegen Glaubhaftigkeit. Das Gericht entscheidet im summarischen Verfahren. Die Gegenpartei des Hauptprozesses ist in diesem Verfahren zwar nicht förmlich Partei. Dennoch kann sie angehört werden, denn oft vermag sie zur Abklärung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie vor allem der Erfolgsaussichten beizutragen. Wenn hingegen die klagende Partei von der Sicherheitsleistung für die Parteientschädigung befreit werden soll (Art. 99), muss die Gegenpartei immer angehört werden, denn hier erleidet sie einen Nachteil (Abs. 3). Ausnahmsweise kann die unentgeltliche Rechtspflege sogar rückwirkend bewilligt werden (Abs. 4). Für das Rechtsmittelverfahren sind die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege neu zu prüfen, denn insbesondere die Prozessaussichten können sich nun anders darstellen. Daher ist eine automatische Weitergeltung der unentgeltlichen Rechtspflege abzulehnen (Abs. 5). Im Verfahren der unentgeltlichen Rechtspflege werden keine Gerichtskosten gesprochen, und zwar auch dann nicht, wenn das Gesuch abgewiesen wird. Vorbehalten sind bös- und mutwillige Gesuche (Abs. 6). Zu denken ist an eine vermögende Partei, die den Prozess durch dieses Zwischenverfahren nur verzögern will, oder an eine Partei, welche dem Gericht unwahre Angaben macht, um die Rechtswohltat zu erschleichen.