Artikel 155
Am 12.08.2016 aktualisiert
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Art. 155 Beweisabnahme

1 Die Beweisabnahme kann an eines oder mehrere der Gerichtsmitglieder delegiert werden.

2 Aus wichtigen Gründen kann eine Partei die Beweisabnahme durch das urteilende Gericht verlangen.

3 Die Parteien haben das Recht, an der Beweisabnahme teilzunehmen.

Message
S. 7313 f.

Bei der Beweisabnahme gilt grundsätzlich das Unmittelbarkeitsprinzip : Die Beweise sind vom Gesamtgericht abzunehmen. Insbesondere aus Zeit- und Kostengründen kann sich jedoch eine Delegation an ein einzelnes Mitglied des Gerichts empfehlen ( Abs. 1 ). Auch andere Gründe können gegen die Beweisabnahme durch das Gesamtgericht sprechen (so z.B. das Kindeswohl bei der Anhörung der Kinder im Rahmen familienrechtlicher Verfahren). Immer jedoch ist die Beweisabnahme durch das Gesamtgericht vorzunehmen, wenn eine Partei einen (überwiegenden) wichtigen Grund darzutun vermag ( Abs. 2 ). In der Vernehmlassung wurde teilweise verlangt, dass die Beweisabnahme auch an den Gerichtsschreiber oder die Gerichtsschreiberin delegiert werden kann, wie das im kantonalen Prozessrecht teilweise vorgesehen ist. Der Entwurf sieht davon ab. Zwar trifft es zu, dass die Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber zumeist eine juristische Ausbildung haben; dennoch ist ihre Stellung und Legitimität nicht dieselbe wie die eines erkennenden Mitglieds des Spruchkörpers. Das Recht zur Teilnahme der Parteien am Beweisverfahren ist Ausfluss des rechtlichen Gehörs ( Abs. 3 )160. Dasselbe gilt für den Anspruch der Parteien, sich zum Beweisergebnis zu äussern, was aus systematischen Gründen in Artikel 232 geregelt ist.