Artikel 315
Am 03.11.2024 aktualisiert
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Art. 315 Aufschiebende Wirkung

1 Die Berufung hemmt die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit des angefochtenen Entscheids im Umfang der Anträge.

2 Die Rechtsmittelinstanz kann die vorzeitige Vollstreckung bewilligen. Nötigenfalls ordnet sie sichernde Massnahmen oder die Leistung einer Sicherheit an.

3 Richtet sich die Berufung gegen einen Gestaltungsentscheid, so kann die aufschiebende Wirkung nicht entzogen werden.

4 Keine aufschiebende Wirkung hat die Berufung gegen Entscheide über:

a. das Gegendarstellungsrecht;
b. vorsorgliche Massnahmen.

5 Die Vollstreckung vorsorglicher Massnahmen kann ausnahmsweise aufgeschoben werden, wenn der betroffenen Partei ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht.

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S. 7374

Aufschiebende Wirkung - Weil die Berufung ein ordentliches Rechtsmittel ist, kommt ihr grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu (Abs. 1). Solange die Berufungsklägerin lediglich Berufung erklärt hat (Art. 307 [alte Fassung]), gilt der Suspensiveffekt umfassend. Je nach Anträgen kann er sich nach Eingang der Berufungsbegründung reduzieren, sodass der unangefochtene Teil des Entscheids in Rechtskraft erwächst und vollstreckt werden kann. Diese Teilrechtskraft entspricht modernem Prozessrecht. Der Suspensiveffekt schiebt sowohl die Rechtskraft wie auch die Vollstreckbarkeit auf. Doch kann die Rechtsmittelinstanz die vorzeitige Vollstreckung bewilligen, so dass auch ein formell noch nicht rechtskräftiger Entscheid vollstreckt werden darf (Abs. 2). Die sofortige Vollstreckung kann etwa beim Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257) angebracht sein. Auch für ein Geldurteil ist sie zulässig, wodurch der Entscheid trotz fehlender Rechtskraft zur definitiven Rechtsöffnung  führt  (vgl. Art. 79 E-SchKG, Ziff. 17 des Anhangs). Die damit verbundene Erleichterung der Vollstreckung liegt im Interesse eines zeitgerechten Rechtsschutzes. Entsprechend der Forderung einzelner Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer kann die Rechtsmittelinstanz zu Gunsten der Gegenpartei sichernde Massnahmen oder eine Sicherheitsleistung anordnen. Nur bei Gestaltungsurteilen entfällt die Möglichkeit vorzeitiger Vollstreckung (Abs. 3; vgl. auch Art. 103 Abs. 2 Bst. a BGG). Ausnahmsweise kommt der Berufung von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zu (Abs. 4), so bei Anordnungen betreffend das Gegendarstellungsrecht sowie bei der Anfechtung vorsorglicher Massnahmen. Solche Entscheide müssen sofort vollzogen werden können. Bezüglich des Gegendarstellungsrechts entspricht die Regelung geltendem Bundesrecht (Art. 28l Abs. 4 ZGB; diese Bestimmung kann somit aufgehoben werden; Ziff. 3 des Anhangs). Die Vollstreckung einer vorsorglichen Massnahme kann indessen aufgeschoben werden, wenn der betroffenen Partei ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Abs. 5).