Art. 90 Klagenhäufung
1 Die klagende Partei kann mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei in einer Klage vereinen, sofern:
a. das gleiche Gericht dafür sachlich zuständig ist; und
b. die gleiche Verfahrensart anwendbar ist.
2 Die Klagenhäufung ist auch zulässig, wenn eine unterschiedliche sachliche Zuständigkeit oder Verfahrensart lediglich auf dem Streitwert beruht. Sind für die einzelnen Ansprüche unterschiedliche Verfahrensarten anwendbar, so werden sie zusammen im ordentlichen Verfahren beurteilt.
Art. 90 Klagenhäufung
Die klagende Partei kann mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei in einer Klage vereinen, sofern:
a.
das gleiche Gericht dafür sachlich zuständig ist; und
b.
die gleiche Verfahrensart anwendbar ist.
Die meisten kantonalen Zivilprozessordnungen kennen die Klagenhäufung. Auch die Voraussetzungen sind allgemein anerkannt: Gleiche sachliche Zuständigkeit und gleiche Verfahrensart. Ein sachlicher Zusammenhang der mehreren Begehren wird nur vorausgesetzt, wenn das angerufene Gericht nicht für alle Begehren örtlich zuständig ist ( Art. 15 Abs. 2; vgl. auch die Erläuterungen zu Art. 224 ). Zur Berechnung des Streitwerts werden die Ansprüche zusammengerechnet, es sei denn, sie würden sich gegenseitig ausschliessen ( Art. 93 Abs. 1).
S. 2714: Die Regelungen der Klagenhäufung und der Widerklage sollen dahingehend überarbeitet und angepasst werden, dass zukünftig in bestimmten Fällen auch eine verfahrensüberschreitende Kumulation beziehungsweise Koordination möglich wird. Angesichts der diesbezüglichen Kritik in der Vernehmlassung soll die Zulässigkeit der Klagenhäufung nicht von einem sachlichen Zusammenhang abhängig gemacht werden. Gleichzeitig soll eine verfahrens- oder auch zuständigkeitsüberschreitende Häufung nur dann möglich sein, wenn eine unterschiedliche sachliche Zuständigkeit oder Verfahrensart lediglich auf dem Streitwert beruht. In diesen Fällen sollen die Klagen insgesamt im ordentlichen Verfahren beurteilt werden, um unerwünschte Verfahrenszersplitterungen zu vermeiden (vgl. Art. 90 Abs. 2 E-ZPO und dessen Erläuterungen).
S. 2736 ff.: Die Regelung der (objektiven) Klagenhäufung als die Möglichkeit, mit einer Klage mehrere Ansprüche gegen dieselbe Partei geltend zu machen, ist von grosser praktischer Bedeutung, gerade wenn es um eine effiziente Rechtsdurchsetzung im Interesse aller Beteiligten geht. Von grosser Bedeutung ist die objektive Klagenhäufung sodann bei der kollektiven Rechtsdurchsetzung von Massenschäden ausserhalb echter kollektiver Instrumente; die Bündelung und gehäufte Geltendmachung einer Vielzahl von Ansprüchen durch eine klagende Partei gegen eine beklagte Partei bildet nach geltendem Recht neben der Streitgenossenschaft die einzige Möglichkeit der kollektiven Rechtsdurchsetzung (vgl. Ziff. 1.1.4 und 4.2 sowie ausführlich Bericht «Kollektiver Rechtsschutz in der Schweiz – Bestandesaufnahme und Handlungsmöglichkeiten» des Bundesrates vom 3. Juli 2013, S. 15 f., abrufbar unter www.bj.admin.ch > Publikationen und Service > Berichte, Gutachten und Verfügungen > Berichte und Gutachten).
Nach dem geltenden Wortlaut bilden die gleiche sachliche Zuständigkeit (Bst. a) und die gleiche Verfahrensart (Bst. b) die Zulässigkeitsvoraussetzungen der objektiven Klagenhäufung nach Artikel 90 ZPO. Gerade die Voraussetzung der gleichen Verfahrensart, aber auch der gleichen sachlichen Zuständigkeit wurden verschiedentlich kritisiert, und es wurde daher auch deren Relativierung postuliert. So ist die Klagenhäufung zweier vermögensrechtlicher Ansprüche, von denen der eine alleine aufgrund des Streitwerts im vereinfachten Verfahren oder einer besonderen Instanz zu beurteilen ist, und der andere im ordentlichen Verfahren beziehungsweise vom ordentlichen Spruchkörper, nach der herrschenden Lehre zulässig: Ihr stehen keine schützenswerten Interessen der beklagten Partei entgegen, und gerade auch die Regelung von Artikel 93 Absatz 1 ZPO, wonach bei der objektiven Klagenhäufung die geltend gemachten Ansprüche zur Bestimmung des Streitwerts zusammengerechnet werden, legen eine solche Lösung nahe. Dieser Auffassung hat sich in der Zwischenzeit auch das Bundesgericht angeschlossen (BGE 142 III 788 E.4).
Im Rahmen der Vernehmlassungsvorlage hatte der Bundesrat eine gezielte Neufassung des Artikels 90 vorgeschlagen mit dem Ziel, damit die Anwendung und die Praxistauglichkeit der Bestimmung zu verbessern, indem insbesondere auch die sogenannte verfahrensübergreifende Klagenhäufung von Ansprüchen des ordentlichen und des vereinfachten Verfahrens zugelassen und dann die Regelungen des vereinfachten Verfahrens im ordentlichen Verfahren sinngemäss zur Anwendung gelangen sollten. Dieser Vorschlag wurde in der Vernehmlassung vorab aufgrund der Vermischung verschiedener Verfahrensarten und -regelungen überwiegend als nicht praktikabel eingestuft und abgelehnt (Bericht Vernehmlassung, Ziff. 5.13).
Daher sieht der Bundesrat von einer solchen umfassenden Neuregelung der Klagenhäufung ab. Vielmehr schlägt er eine Ergänzung der geltenden Regelung um einen neuen Absatz 2 vor, indem vorab die erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichts in allgemeiner Form ins Gesetz überführt wird: Über die Voraussetzung der gleichen sachlichen Zuständigkeit und der gleichen Verfahrensart gemäss Artikel 90 Absatz 1 ZPO hinaus soll zukünftig eine Klagenhäufung auch dann zulässig sein, wenn zwar für die verschiedenen Ansprüche eine unterschiedliche sachliche Zuständigkeit besteht oder eine unterschiedliche Verfahrensart anwendbar ist, diese jedoch lediglich auf dem Streitwert beruht. Ergänzend dazu ist festzuhalten, dass gehäuft geltend gemachte Ansprüche zusammen im ordentlichen Verfahren beurteilt werden, auch wenn für die einzelnen Ansprüche unterschiedliche Verfahrensarten – das heisst das vereinfachte Verfahren einerseits und das ordentliche Verfahren andererseits – anwendbar wären. Wie bisher ist es nicht erforderlich, dass die gehäuften Ansprüche in einem sachlichen Zusammenhang stehen.
Mit dieser Regelung soll die Klagenhäufung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vereinfacht werden; gleichzeitig wird damit aber eine Vermischung der verschiedenen Verfahrensarten vermieden, wie sie verbreitet abgelehnt wird. Weiterhin nicht möglich ist damit die gemeinsame Geltendmachung von Ansprüchen unterschiedlicher Verfahrensart in den Fällen, in denen die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nicht auf dem Streitwert, sondern auf der Natur einzelner Ansprüche beruht, beispielsweise wenn ein Anspruch wegen mietrechtlichem Kündigungsschutz (vgl. Art. 243 Abs. 2 Bst. c ZPO) zusammen mit Vermögensansprüchen von mehr als 30 000 Franken geltend gemacht werden soll, oder etwa Ansprüche auf der Grundlage des GlG (vgl. Art. 243 Abs. 1 Bst. a ZPO) zusammen mit allgemeinen arbeitsrechtlichen Forderungen von mehr als 30 000 Franken.