Artikel 122
Am 19.12.2023 aktualisiert
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Art. 122 Liquidation der Prozesskosten

1 Unterliegt die unentgeltlich prozessführende Partei, so werden die Prozesskosten wie folgt liquidiert:

a. die unentgeltliche Rechtsbeiständin oder der unentgeltliche Rechtsbeistand wird vom Kanton angemessen entschädigt;
b. die Gerichtskosten gehen zulasten des Kantons;
c. der Gegenpartei werden die Vorschüsse, die sie geleistet hat, zurückerstattet;
d. die unentgeltlich prozessführende Partei hat der Gegenpartei die Parteientschädigung zu bezahlen.

2 Obsiegt die unentgeltlich prozessführende Partei und ist die Parteientschädigung bei der Gegenpartei nicht oder voraussichtlich nicht einbringlich, so wird die unentgeltliche Rechtsbeiständin oder der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton angemessen entschädigt. Mit der Zahlung geht der Anspruch auf den Kanton über.

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S. 7304

Anders als der Vorentwurf regelt der Entwurf die Liquidation der Prozesskosten bei der unentgeltlichen Rechtspflege ausführlich. Der Bundesrat kommt damit einem praktischen Bedürfnis und dem Anliegen der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer nach.
Absatz 1 regelt den Fall des Unterliegens der unentgeltlich prozessführenden Partei:
– Der Vorentwurf verpflichtete die Kantone zu einer vollen Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes. Dies wurde in der Vernehmlassung jedoch stark kritisiert. In der Tat widerspräche eine solche bundesrechtliche Vorgabe der kantonalen Tarifhoheit ( Art. 96 ). Der Entwurf überlässt es daher den Kantonen, den Umfang der Entschädigung wie bisher selber zu bestimmen. Die Entschädigung hat aber angemessen zu sein (Bst. a). Eine allfällige Differenz zum vollen Tarif kann die Rechtsbeiständin von ihrer Klientschaft nur über die Nachforderung geltend machen ( Art. 123 ) – nicht etwa durch Nebenabrede.
– Die Gerichtskosten trägt der Kanton (Bst. b); zugleich hat er der obsiegenden Gegenpartei deren geleistete Vorschüsse zurückzuerstatten (Bst. c).
– Die unentgeltlich prozessführende Partei – nicht etwa der Kanton – hat der Gegenpartei die festgesetzte Parteientschädigung zu leisten (Bst. d). Die unentgeltliche Rechtspflege befreit wie gesagt nicht von dieser Entschädigungspflicht (vgl. die Erläuterungen zu Art. 118 ).

Absatz 2 gilt, wenn die unentgeltlich prozessführende Partei obsiegt:
– Die unterliegende Gegenpartei wird nach den allgemeinen Regeln zu den Prozesskosten verurteilt (Art. 106 f.). Sie trägt demnach die Gerichtskosten und hat der unentgeltlich prozessführenden Partei auch eine volle Parteientschädigung (volles Anwaltshonorar) zu bezahlen.
– Bei Insolvenz der Gegenpartei hingegen wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton bezahlt: Ihm ist eine angemessene Entschädigung auszurichten. Im Umfang der Zahlung geht die Entschädigungsforderung auf den Staat über. Für eine allfällige Differenz zum vollen Honorar muss sich die unentgeltliche Rechtsbeiständin aber weiterhin an die Gegenpartei halten. Die Ausfallhaftung des Kantons für ein angemessenes Honorar des unentgeltlichen Rechtsbeistandes folgt aus dem besonderen öffentlichrechtlichen Charakter dieses Mandats.