Art. 122 Liquidation der Prozesskosten
1 Unterliegt die unentgeltlich prozessführende Partei, so werden die Prozesskosten wie folgt liquidiert:
a.
die unentgeltliche Rechtsbeiständin oder der unentgeltliche Rechtsbeistand wird vom Kanton angemessen entschädigt;
b.
die Gerichtskosten gehen zulasten des Kantons;
c.
der Gegenpartei werden die Vorschüsse, die sie geleistet hat, zurückerstattet;
d.
die unentgeltlich prozessführende Partei hat der Gegenpartei die Parteientschädigung zu bezahlen.
2 Obsiegt die unentgeltlich prozessführende Partei und ist die Parteientschädigung bei der Gegenpartei nicht oder voraussichtlich nicht einbringlich, so wird die unentgeltliche Rechtsbeiständin oder der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton angemessen entschädigt. Mit der Zahlung geht der Anspruch auf den Kanton über.
Anders als der Vorentwurf regelt der Entwurf die Liquidation der Prozesskosten
bei der unentgeltlichen Rechtspflege ausführlich. Der Bundesrat kommt damit
einem praktischen Bedürfnis und dem Anliegen der Vernehmlassungsteilnehmerinnen
und -teilnehmer nach.
Absatz 1
regelt den Fall des Unterliegens der unentgeltlich prozessführenden Partei:
– Der Vorentwurf verpflichtete die Kantone zu einer vollen Entschädigung
des unentgeltlichen Rechtsbeistandes. Dies wurde in der Vernehmlassung
jedoch stark kritisiert. In der Tat widerspräche eine solche bundesrechtliche
Vorgabe der kantonalen Tarifhoheit (
Art. 96
). Der Entwurf überlässt es daher den Kantonen, den Umfang der Entschädigung
wie bisher selber zu bestimmen. Die Entschädigung hat aber angemessen zu
sein (Bst. a). Eine allfällige Differenz zum vollen Tarif kann die Rechtsbeiständin
von ihrer Klientschaft nur über die Nachforderung geltend machen (
Art. 123
) – nicht etwa durch Nebenabrede.
– Die Gerichtskosten trägt der Kanton (Bst. b); zugleich hat er der obsiegenden
Gegenpartei deren geleistete Vorschüsse zurückzuerstatten (Bst. c).
– Die unentgeltlich prozessführende Partei – nicht etwa der Kanton – hat
der Gegenpartei die festgesetzte Parteientschädigung zu leisten (Bst. d).
Die unentgeltliche Rechtspflege befreit wie gesagt nicht von dieser Entschädigungspflicht
(vgl. die Erläuterungen zu
Art. 118
).
Absatz 2
gilt, wenn die unentgeltlich prozessführende Partei obsiegt:
– Die unterliegende Gegenpartei wird nach den allgemeinen Regeln zu den
Prozesskosten verurteilt (Art. 106 f.). Sie trägt demnach die Gerichtskosten
und hat der unentgeltlich prozessführenden Partei auch eine volle Parteientschädigung
(volles Anwaltshonorar) zu bezahlen.
– Bei Insolvenz der Gegenpartei hingegen wird der unentgeltliche Rechtsbeistand
vom Kanton bezahlt: Ihm ist eine angemessene Entschädigung auszurichten.
Im Umfang der Zahlung geht die Entschädigungsforderung auf den Staat über.
Für eine allfällige Differenz zum vollen Honorar muss sich die unentgeltliche
Rechtsbeiständin aber weiterhin an die Gegenpartei halten. Die Ausfallhaftung
des Kantons für ein angemessenes Honorar des unentgeltlichen Rechtsbeistandes
folgt aus dem besonderen öffentlichrechtlichen Charakter dieses Mandats.