Artikel 318
Am 30.12.2024 aktualisiert
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Art. 318 Entscheid

1 Die Rechtsmittelinstanz kann:

  • a. den angefochtenen Entscheid bestätigen;
    b. neu entscheiden; oder
    c. die Sache an die erste Instanz zurückweisen, wenn:

    • 1. ein wesentlicher Teil der Klage nicht beurteilt wurde, oder
      2. der Sachverhalt in wesentlichen Teilen zu vervollständigen ist.

2 Für die Eröffnung und Begründung des Entscheides gilt Artikel 239 sinngemäss.

3 Trifft die Rechtsmittelinstanz einen neuen Entscheid, so entscheidet sie auch über die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

Version vor dem 01.01.2025

Art. 318 Entscheid

1 Die Rechtsmittelinstanz kann:

a. den angefochtenen Entscheid bestätigen;
b. neu entscheiden; oder
c. die Sache an die erste Instanz zurückweisen, wenn:

1. ein wesentlicher Teil der Klage nicht beurteilt wurde, oder
2. der Sachverhalt in wesentlichen Teilen zu vervollständigen ist.

2 Die Rechtsmittelinstanz eröffnet ihren Entscheid mit einer schriftlichen Begründung.

3 Trifft die Rechtsmittelinstanz einen neuen Entscheid, so entscheidet sie auch über die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

Botschaften
Botschaft 2006 S. 7376

Das obere Gericht kann den erstinstanzlichen Entscheid bestätigen (Abs. 1 Bst. a), ändern (Bst. b) oder aufheben und die Angelegenheit an die erste Instanz zurückweisen (Bst. c). Je nachdem hat die Berufung somit reformatorische oder kassatorische Wirkung.

Eine Zurückweisung hat jedoch die Ausnahme zu bleiben (Bst. c Ziff. 1 und 2), sonst wird der Prozess unnötig verlängert. Die erste Instanz ist an die Erwägungen des oberen Gerichts gebunden; gegen ihren neuen Entscheid ist grundsätzlich wiederum die Berufung zulässig.

Im Unterschied zum erstinstanzlichen Verfahren (vgl. Art. 239) hat die Rechtsmittelinstanz ihren Entscheid immer mit einer schriftlichen Begründung zu eröffnen (Abs. 2), dies im Hinblick auf eine mögliche Beschwerde an das Bundesgericht (Art. 112 BGG). Die Begründung kann sehr knapp ausfallen, wenn der angefochtene Entscheid lediglich bestätigt wird. Absatz 3 schliesslich dient der Klarstellung.

(auch) unter der revZPO anwendbarBotschaft 2020

S. 2773 f.: Art. 318 Abs. 2 und Art. 327 Abs. 5

Nach diesen beiden Bestimmungen hat die Rechtsmittelinstanz ihren Entscheid mit einer schriftlichen Begründung zu eröffnen. Damit gilt für Berufung und Beschwerde eine von Artikel 239 Absatz 1 ZPO abweichende ausnahmslose Begründungspflicht. Bereits kurz nach Inkrafttreten der ZPO verlangte die Motion 13.3684 Caroni «Kein Begründungszwang vor zweitinstanzlichen Gerichten gegen den Parteiwillen» eine Anpassung dieser Regelung; sie wurde jedoch aus damaliger Sicht des Bundesrates zu Recht abgelehnt (AB NR2013 2204). Zwischenzeitlich hat aber das Bundesgericht entschieden, dass die Rechtsmittelinstanz ihren Entscheid durch Versand eines Dispositivs eröffnen und später begründen kann (BGE 142III 695 E. 4). Wie auch die Vernehmlassung gezeigt hat (Bericht Vernehmlassung, Ziff. 6.47), besteht jedoch nach wie vor ein Bedürfnis nach einer Anpassung und der Möglichkeit einer Eröffnung ohne schriftliche Begründung, womit die zweitinstanzlichen Gerichte spürbar entlastet würden. Der Bundesrat schlägt daher vor, die Artikel 318 Absatz 2 und Artikel 327 Absatz 5 ZPO aufzuheben. Damit gelangt der Grundsatz von Artikel 239 Absatz 1 ZPO auch für die Berufung und die Beschwerde zur Anwendung. Aufgrund ihrer besonderen Rechtsnatur weiterhin zwingend zu begründen sind gemäss Artikel 333 Absatz 3 ZPO die Entscheide in Revisionsverfahren. Soweit Entscheide der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, ist Artikel 112 BGG sowie insbesondere dessen Absatz 2 zu beachten, der die Möglichkeit einer Eröffnung ohne Begründung vorsieht. Im Rahmen der laufenden Revision des BGG hatte der Bundesrat eine Streichung von dessen Artikel 112 Absatz 2 vorgeschlagen; der Nationalrat hat diesen Vorschlag abgelehnt (Vgl. 18.051 Bundesgerichtsgesetz. Änderung. Botschaft des Bundesrates vom 15. Juni 2018, BBl 20184605, 4648; AB NR 2019 264).

S. auch AB 2021 S 675; AB 2022 N 711 f.; AB 2022 S 652; AB 2022 N 2263.