Artikel 36
Am 23.04.2013 aktualisiert
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Art. 36 Grundsatz

Für Klagen aus unerlaubter Handlung ist das Gericht am Wohnsitz oder Sitz der geschädigten Person oder der beklagten Partei oder am Handlungs- oder am Erfolgsort zuständig.

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S. 7269

Die Bestimmung entspricht Artikel 25 GestG. Auch die besonderen Gerichtsstände des Haftpflichtrechts werden aus dem GestG grundsätzlich übernommen, mit Ausnahme des besonderen Forums für Massenschäden . Der Vorentwurf hatte hier das Gericht am Unfallort für zwingend zuständig erklärt – in Präzisierung der geltenden Regelung (Art. 27 GestG). Bereits bei der Schaffung des Gerichtsstandsgesetzes war und blieb das Forum für Massenschäden jedoch umstritten. Zwar wurde das Bestreben begrüsst, für grosse Schäden einen einheitlichen Gerichtsstand zu schaffen. Als problematisch hingegen wurde der Begriff «Massenschaden» angesehen. Er sei zu unbestimmt und daher kaum justiziabel. Diese Kritik ist seither nicht verstummt; auch in der Vernehmlassung trat sie erneut deutlich zu Tage. Zuständigkeitsrecht muss übersichtlich und klar sein: Die Adresse des zuständigen Gerichts sollte daher möglichst einfach bestimmbar sein. Es ist zu vermeiden, dass die örtliche Zuständigkeit Gegenstand langwieriger Streitigkeiten werden kann. Gerade in einem kleinen Land wie der Schweiz sind solche Konflikte tendenziell absurd – zumal vor dem Hintergrund eines künftig vereinheitlichten Prozessrechts. Wie die Literatur gezeigt hat, ist es jedoch unmöglich, einen Grossschaden oder Massenschaden präzise genug zu formulieren, um das anwendbare Forum exakt zu lokalisieren. Die heutige Regelung (Art. 27 GestG) vermittelt daher eine blosse Scheinsicherheit. Daran vermag auch die leicht modifizierte Fassung des Vorent- wurf nichts zu ändern (Konzentration auf den Unfallort, vgl. Art. 35 VE). Auf den ersten Blick wäre es gewiss einfach, beispielsweise eine Mindestanzahl geschädigter Personen oder eine Mindesthöhe der Schadensumme im Gesetz festzuschreiben, doch wäre eine solche Quantifizierung letztlich willkürlich.

Der Bundesrat verzichtet deswegen auf diesen problematischen Gerichtsstand. Auch bei Grossschäden spielt somit im Ausgangspunkt das allgemeine Zuständigkeits- recht der unerlaubten Handlung. Eine mögliche Vielzahl von Verfahren kann durch umsichtige Prozessleitung durchaus koordiniert werden ( Art. 124 ff.). Die Geschädigten können sich sodann als Streitgenossen konstituieren. Eine besondere Bewältigung bestimmter Typen von Grosskatastrophen (z.B. Nuklearunfälle) muss im Übrigen Gegenstand von Sonderrecht bleiben.