Art. 277 Feststellung des Sachverhalts
1 Für die güterrechtliche Auseinandersetzung und den nachehelichen Unterhalt gilt der Verhandlungsgrundsatz.
2 Stellt das Gericht fest, dass für die Beurteilung von vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen notwendige Urkunden fehlen, so fordert es die Parteien auf, diese nachzureichen.
3 Im Übrigen stellt das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen fest.
Die Bestimmung über die Feststellung des Sachverhalts betrifft nur Angelegenheiten der Ehegatten untereinander. Für Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten herrscht die uneingeschränkte Untersuchungsmaxime (Art. 296 Abs. 1). -Für die güterrechtliche Auseinandersetzung (Art. 204 ff., 236 ff., 250 f. ZGB) und den nachehelichen Unterhalt (Art. 125 ff. ZGB) gilt grundsätzlich die Verhandlungsmaxime (Art. 272 Abs. 1; Art. 55 Abs. 1). Dies entspricht der Regelung, welche die meisten Kantone heute kennen. - Der Verhandlungsgrundsatz wird allerdings in verschiedener Hinsicht abgeschwächt: Zusätzlich zu der allgemeinen gerichtlichen Fragepflicht (Art. 56) wird eine besondere gerichtliche Hinweispflicht statuiert, wenn für die Beurteilung vermögensrechtlicher Scheidungsfolgen notwendige Urkunden fehlen (Art. 272 Abs. 2). Eine besondere gerichtliche Frage- und Aufklärungspflicht gilt zudem bei der Indexierung nachehelicher Unterhaltsrenten (vgl. Art. 282 Abs. 1 Bst. d). Schliesslich ergeben sich im Zusammenhang mit dem Güterrecht und dem nachehelichen Unterhalt Prüfungspflichten des Gerichts bei der Genehmigung einer Vereinbarung (vgl. Art. 279 Abs. 1).
– Im Übrigen hat das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln (Art. 272 Abs. 3). Dies gilt insbesondere für alle Fragen der beruflichen Vor- sorge (Art. 122 ff. ZGB), aber auch für das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen (insb. Art. 114 f. ZGB). Eine Sonderbestimmung im Sinne des bisherigen Artikels 139 Absatz 2 ZGB wird damit entbehrlich.