Art. 288 Fortsetzung des Verfahrens und Entscheid
1 Sind die Voraussetzungen für eine Scheidung auf gemeinsames Begehren erfüllt, so spricht das Gericht die Scheidung aus und genehmigt die Vereinbarung.
2 Sind Scheidungsfolgen streitig geblieben, so wird das Verfahren in Bezug auf diese kontradiktorisch fortgesetzt. Es gilt das vereinfachte Verfahren. Das Gericht kann die Parteirollen verteilen.
3 Sind die Voraussetzungen für eine Scheidung auf gemeinsames Begehren nicht erfüllt, so weist das Gericht das gemeinsame Scheidungsbegehren ab und setzt gleichzeitig jedem Ehegatten eine Frist zur Einreichung einer Scheidungsklage.2 Das Verfahren bleibt während dieser Frist rechtshängig und allfällige vorsorgliche Massnahmen gelten weiter.
Art. 288 Fortsetzung des Verfahrens und Entscheid
1 Sind die Voraussetzungen für eine Scheidung auf gemeinsames Begehren erfüllt, so spricht das Gericht die Scheidung aus und genehmigt die Vereinbarung.
2 Sind Scheidungsfolgen streitig geblieben, so wird das Verfahren in Bezug auf diese kontradiktorisch fortgesetzt. Das Gericht kann die Parteirollen verteilen.
3 Sind die Voraussetzungen für eine Scheidung auf gemeinsames Begehren nicht erfüllt, so weist das Gericht das gemeinsame Scheidungsbegehren ab und setzt gleichzeitig jedem Ehegatten eine Frist zur Einreichung einer Scheidungsklage.2 Das Verfahren bleibt während dieser Frist rechtshängig und allfällige vorsorgliche Massnahmen gelten weiter.
Art. 283 regelt die Fortsetzung des Verfahrens und den Entscheid. Dabei sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:
– Abs. 1 nimmt den Fall auf, dass die Sache bereits spruchreif ist. Gedacht wird an die umfassender Einigung. Möglich ist aber auch, dass bei anfänglicher Teileinigung die Parteien während des Verfahrens – mit oder ohne Hilfe des Gerichts – nachträglich doch noch eine vollständige Vereinbarung zustande bringen. Solche inzidente Vereinbarungen sollen keine neue zweimonatige Bedenkfrist auslösen [Bedenkzeit abgeschafft: vgl. BG vom 25.9.2009, in Kraft seit 1.1.2011 (AS 2010 281; BBl 2008 1959, 1975)]. Die Scheidung kann daher auch in solchen Fällen ohne weiteres ausgesprochen werden, sofern die Vereinbarung genehmigungsfähig und die Bedenkfrist von zwei Monaten abgelaufen ist.
– Bleiben einzelne oder alle Scheidungsfolgen streitig – z.B. weil eine Partei zwar den Scheidungswillen, nicht aber die Vereinbarung bestätigt, was als implizite Erklärung im Sinne von Art. 286 Abs.1 gilt –, so kommt es zum sog. Annexverfahren (Abs. 2). Damit kann Art. 112 Abs. 3 ZGB aufgehoben werden.
– Das Gericht setzt den Parteien eine Frist zur Einreichung begründeter Rechtsbegehren zu den streitigen Scheidungsfolgen. Um das Annexverfahren zu strukturieren, kann es die Parteirollen explizit verteilen (Abs. 2 Satz 2). Für den weiteren Verfahrensablauf sind keine besonderen Vorschriften nötig (vgl. Art. 219). Je nach Komplexität des Falles kann ein einfacher oder doppelter Schriftenwechsel angeordnet werden (Art. 225). Das Scheidungsgericht kann auch jederzeit eine Instruktionsverhandlung durchführen (Art. 226).
- Absatz 3 betrifft die Frage, wie das Gericht vorzugehen hat, wenn die Parteien aus irgendeinem Grund ihren Scheidungswillen nicht bestätigen. In diesem Fall ist das gemeinsame Scheidungsbegehren abzuweisen und gleichzeitig jedem Ehegatten eine Frist anzusetzen, um eine Scheidungsklage einzureichen. Die verfahrensrechtliche Bestimmung in Artikel 113 ZGB wird damit überflüssig und kann gestrichen werden. Bei fristgerechter Einreichung der Scheidungsklage bleiben die Rechtshängigkeit (vgl. Art. 59 Abs. 2 Bst. d) und allfällige vorsorgliche Massnahmen (Art. 276) bestehen.

S. 2717: Bereits im Vorentwurf hatte der Bundesrat punktuelle Anpassungen im Familienverfahrensrecht vorgeschlagen, um damit auch in diesem besonders sensiblen Bereich des Zivilverfahrensrechts die Praxistauglichkeit und Anwenderfreundlichkeit der ZPO zu verbessern (vgl. insb. Art. 198 Abs. 1 Bst. bbis und Art. 296 VE-ZPO). Nachdem in der Vernehmlassung von verschiedener Seite weitere Anpassungsvorschläge vorgebracht wurden (Bericht Vernehmlassung, Ziff. 6.2 ff.), hält der Bundesrat weitere punktuelle Anpassungen in diesem Bereich für angezeigt. Damit soll aber gerade nicht einer weitergehenden Revision des gesamten Familienverfahrensrechts unter Einschluss des Organisationsrechts vorgegriffen werden; eine solche kann nur aufgrund einer spezifischen Gesamtschau sowie eines entsprechenden politischen Auftrags in Betracht kommen (Vgl. Po. 19.3478 Schwander «Kinder ernst nehmen» und Po. 19.3503 Müller-Altermatt «Weniger Verletzungen beim Kampf ums Kind. Massnahmen für das Wohl von Kind, Mutter und Vater». Beide Postulate hat der Bundesrat zur Annahme empfohlen).
Konkret schlägt der Bundesrat namentlich vor, dass streitige Verfahren des Familienrechts zukünftig im vereinfachten Verfahren behandelt werden sollen, soweit nicht das summarische Verfahren anwendbar ist. Das betrifft sowohl streitige Scheidungsverfahren (Art. 288 Abs. 2 und 291 Abs. 3 E-ZPO) als auch sämtliche selbständigen Klagen über Kinderbelange und über den Unterhalt des Kindes (Art. 295 E-ZPO). Für selbstständige Klagen über Kinderbelange inklusive Unterhalt von Kindern sollen zukünftig generell Untersuchungs- und Offizialgrundsatz gelten (Art. 296 E-ZPO). Daneben sollen weitere verfahrensrechtliche Komplikationen im Bereich der Unterhaltsstreitigkeiten behoben werden (vgl. Art. 304 Abs. 2 zweiter und dritter Satz E-ZPO und deren Erläuterungen).
S. 2765: Art. 288 Abs. 2 zweiter und dritter Satz
Artikel 288 ZPO regelt die Fortsetzung des Verfahrens nach der Anhörung der Parteien bei einer Scheidung auf gemeinsames Begehren gemäss Artikel 111 f. ZGB. Absatz 2 regelt den Fall, in dem Scheidungsfolgen auch nach der Anhörung der Parteien streitig geblieben sind; demnach wird das Verfahren kontradiktorisch fortgesetzt, wobei das Gericht die Parteirollen verteilt. Für dieses Annexverfahren gelten die Grundsätze des Verfahrens bei Scheidungsklage (Art. 291 ff. ZPO) und des ordentlichen Verfahrens (Art. 219 ff. ZPO). Dies führt dazu, dass das Verfahren grundsätzlich oder sogar zwingend schriftlich (vgl. Roland Fankhauser, Art. 288 N 13 in: FamKomm.-Scheidung, Band II, 3. Aufl., Bern 2017 m.w.H.) und damit mit Schriftenwechsel durchgeführt werden muss, was gerade in einfachen Fällen und wegen der fehlenden Laienfreundlichkeit dieses Verfahrens kaum befriedigt (Vgl. zur teilweise abweichenden Praxis z.B. Thomas Engler, Zivilprozessrechtliche Fragestellungen in der familienrechtlichen Gerichtspraxis, SJZ 2014, S. 121 ff., 123 f.). Entsprechend der Scheidungsklage (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 291 Abs. 2 E-ZPO) schlägt der Bundesrat daher vor, dass für solche Annexverfahren in Zukunft ebenfalls das vereinfachte Verfahren gilt (zweiter Satz). Der Vorschlag geht auf entsprechende Anregungen aus der Vernehmlassung zurück (Bericht Vernehmlassung, Ziff. 6.2.3). Die Anwendung des vereinfachten Verfahrens führt zur grundsätzlichen Mündlichkeit des Verfahrens (Art. 245 ZPO) mit der Möglichkeit der Anordnung eines Schriftenwechsels und allenfalls der Durchführung einer Instruktionsverhandlung (vgl. Art. 246 ZPO). Wie nach geltendem Recht kann das Gericht die Parteirollen verteilen (dritter Satz).