Artikel 353
Am 07.05.2021 aktualisiert
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Art. 353 Geltungsbereich

1 Die Bestimmungen dieses Teils gelten für Verfahren vor Schiedsgerichten mit Sitz in der Schweiz, sofern nicht die Bestimmungen des zwölften Kapitels des IPRG anwendbar sind.

2 Die Parteien können die Geltung dieses Teils durch eine Erklärung in der Schiedsvereinbarung oder in einer späteren Übereinkunft ausschliessen und die Anwendung der Bestimmungen des zwölften Kapitels des IPRG vereinbaren. Die Erklärung bedarf der Form gemäss Artikel 358.

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S. 7391 ff.

Vorbemerkung - Ausgangslage -  Heute wird die nationale Schiedsgerichtsbarkeit in sämtlichen Kantonen durch das Konkordat vom 27. März 1969 über die Schiedsgerichtsbarkeit226 (KSG) geregelt, während für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit das  IPRG  (12.  Kapitel, Art. 176194 ) zur Anwendung kommt.
Bei der seinerzeitigen Ausarbeitung des IPRG hatte der Bund eine Ordnung für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit geschaffen, die sich durch Flexibilität und grösstmögliche Parteiautonomie auszeichnet227. Die Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts bietet nun dieselbe Gelegenheit für die nationale Schiedsgerichtsbarkeit.

Steigerung der Attraktivität des Schiedsplatzes Schweiz
Die nationale Schiedsgerichtsbarkeit soll an die Erfolge der internationalen anknüpfen (vgl. auch Ziff. 3.2.1). Der Entwurf sieht konkrete Massnahmen vor, die diesem Zweck dienen, zum Beispiel:
– Möglichkeit der Anordnung vorsorglicher Massnahmen durch das Schiedsgericht selbst (Art. 374)
– Erleichterung der Verrechnungseinrede (Art. 377);
– Möglichkeit einer direkten Beschwerde an das Bundesgericht (Art. 389) gegen den Schiedsspruch. Gleichzeitig werden Mängel des geltenden Rechts beseitigt.

Beibehaltung des Dualismus nationale Schiedsgerichtsbarkeit einerseits, internationale Schiedsgerichtsbarkeit andererseits
– Wie schon der Vorentwurf regelt auch der Entwurf nur die nationale Schiedsgerichtsbarkeit. Die Schaffung eines code unique – gleiche Regeln für das nationale und das internationale Schiedswesen – fand in der Vernehmlassung keine Mehrheit. In der Tat gibt es keinen Grund, etwas an den bewährten Bestimmungen des IRPG (internationale Schiedsgerichtsbarkeit) zu ändern. Anderseits darf die nationale Schiedsgerichtsbarkeit nicht einfach dem IPRG unterworfen werden, denn sonst würde ihren Besonderheiten – niedergelegt in anerkannten Regeln des Konkordates - zu wenig Rechnung getragen. Aus denselben Gründen konnte auch das UNCITRAL-Modellgesetz nicht als Vorlage dienen, denn es ist in erster Linie für internationale Schiedsverfahren konzipiert. Der heutige Dualismus wird somit beibehalten: Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit bleibt Gegenstand des IPRG, die nationale hingegen wird in die Schweizerische Zivilprozessordnung integriert.
Doch können die Parteien das anwendbare Schiedsrecht frei wählen, um den Nachteilen dieser Lösung zu begegnen. Auch in einer nationalen Schiedssache dürfen sie die Anwendung des IPRG vereinbaren. Dadurch können Streitigkeiten internationalen Charakters dem IPRG unterstellt werden, selbst wenn sich der Wohnsitz beider Parteien und der Sitz des Schiedsgerichts in der Schweiz befinden (Art. 353 Abs. 2). Umgekehrt dürfen die Parteien für eine internationale Schiedssache die Anwendung des 3. Teils der ZPO vereinbaren (Art. 176 Abs. 2 IPRG , Ziff. 18 des Anhangs).

Grundlagen des Entwurfs
Das grundsätzlich bewährte Konkordat ist die Grundlage des Entwurfs; das IPRG und das UNCITRAL-Modellgesetz wurden für gebotene Ergänzungen und Modernisierungen zu Rate gezogen. So wird die Praxis weitgehend auf die bisherige Lehre und Rechtsprechung abstellen können.
Im Gegensatz zum Konkordat (Art. 1 Abs. 3 KSG) werden die zwingenden Bestimmungen nicht explizit aufgezählt. Ein zumal grösserer Katalog kann nur eine Fehlerquelle sein – zu Lasten der Rechtssicherheit. Der Entwurf hält daher an der Lösung des Vorentwurfes fest. Die zwingende Natur einer Regel ist jeweils durch Auslegung zu bestimmen. Aus den gleichen Überlegungen wurde auch darauf verzichtet, eine dispositive Bestimmung durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Zulässigkeit einer abweichenden Parteivereinbarung zu bezeichnen.

Verhältnis zum übrigen Teil der Schweizerischen Zivilprozessordnung
Die Schiedsgerichtsbarkeit stellt bewusst einen eigenständigen Teil der Zivilprozessordnung dar. Aus den Regeln, die für staatliche Gerichte gelten, sollen grundsätzlich keine Rückschlüsse für das Schiedsverfahren gezogen werden. Deshalb wird im Prinzip auch auf Querverweise auf andere Bestimmungen des Entwurfes verzichtet: Der 3. Teil der Zivilprozessordnung soll von der Praxis wie ein selbstständiges Gesetz gehandhabt und aus sich selbst heraus verstanden werden.
Die Parteien und die Schiedsrichter und -richterinnen können sich natürlich bei der Festlegung des Verfahrens durch die übrige Zivilprozessordnung inspirieren lassen oder einzelne Titel als anwendbar erklären (z.B. die Bestimmungen über den Beweis).
Wie schon das Konkordat, das IPRG und auch viele ausländische Vorbilder (weit- gehend auch das UNCITRAL-Modellgesetz), regelt der Entwurf das Schiedsverfahren nicht im Einzelnen, sondern überlässt es der Vereinbarung der Parteien bzw. dem Schiedsgericht. Diese Flexibilität ist notwendig, um es den Bedürfnissen des Einzelfalls anzupassen. Daher wurde die viel kritisierte subsidiäre Anwendbarkeit des «staatlichen Prozessrechts» nicht übernommen (vgl. Art. 24 Abs. 2 KSG).

Schiedsrichtervertrag
Der so genannte Schiedsrichtervertrag (d.h. der Vertrag zwischen den Parteien und den Mitgliedern des Schiedsgerichtes) ist nicht Gegenstand des Prozessrechts, sondern ein Vertrag des materiellen Rechts. Daher ist nach dem anwendbaren materiellen Recht (in der Regel nach schweizerischem Recht) zu beurteilen, ob der Schiedsrichtervertrag als Auftrag oder lediglich als auftragsähnlich zu qualifizieren ist (vgl. auch die Erläuterungen zu den Art. 363 und 364). Die Haftung eines Schiedsrichters oder einer Schiedsrichterin für Schlechterfüllung des Mandates richtet sich ebenfalls nach dem materiellen Recht.

S. 7393 : Allgemeine Bestimmungen- Art. 353           Geltungsbereich
Absatz 1 ist komplementär zu Art. 176 Abs. 1 IPRG , der den Begriff der inter- nationalen Schiedsgerichtsbarkeit mit formalen Kriterien definiert (Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz, kein schweizerischer Wohnsitz oder Aufenthalt mindestens einer Partei bei Abschluss der Schiedsvereinbarung). Somit ist der Geltungsbereich des 3. Teils im Verhältnis zu Art. 176 Abs. 1 IPRG negativ definiert.
Absatz 2 trägt der Kritik in der Vernehmlassung Rechnung. Die rein formelle Unterscheidung zwischen nationaler und internationaler Schiedsgerichtsbarkeit kann die unerwünschte Folge haben, dass ähnliche Streitsachen unterschiedlichen Regeln unterstehen, nur weil eine Partei Wohnsitz in der Schweiz oder im Ausland hat. Besonders im Sportrecht  kann dies zu  Ungleichbehandlungen führen. Absatz  2 ermöglicht deshalb, auch nationale Schiedssachen den Art. 176 ff. IPRG zu unterstellen. Von dieser Möglichkeit können etwa auch die Sportverbände Gebrauch machen.