Artikel 319
Am 12.07.2024 aktualisiert
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Art. 319 Anfechtungsobjekt

Mit Beschwerde sind anfechtbar:

a. nicht berufungsfähige erstinstanzliche Endentscheide, Zwischenentscheide und Entscheide über vorsorgliche Massnahmen;
b. andere erstinstanzliche Entscheide und prozessleitende Verfügungen:

1. in den vom Gesetz bestimmten Fällen,
2. wenn durch sie ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht;

c. Fälle von Rechtsverzögerung.

Message
S. 7376 f.

Anfechtungsobjekt- Im Verhältnis zur Berufung ist die Beschwerde subsidiär (Bst. a):
– Ihr unterliegen jene Entscheide in vermögensrechtlichen Angelegenheiten, die mangels Streitwertes nicht berufungsfähig sind (beispielsweise der Entscheid eines Friedensrichters oder einer Friedensrichterin nach Art. 212). Wiederum spielt es keine Rolle, ob die Angelegenheit der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzurechnen ist.
– Sodann ist die Beschwerde gegeben für Angelegenheiten, bei denen die Berufung gesetzlich ausgeschlossen ist (Art. 309). In zwei Richtungen jedoch ist die Beschwerde das primäre Rechtsmittel: Für die Anfechtung der sog. Inzidenzentscheide (Bst. b) und bei Rechtsverzögerung (Bst. c). Inzidenzentscheide sind besondere Anordnungen des Gerichts, die im Laufe eines Prozesses zu treffen sind. Im Wesentlichen bestimmen sie den formellen Ablauf und die konkrete Gestaltung des Verfahrens (prozessleitende Verfügungen). Es können jedoch auch andere Entscheide über rein verfahrensrechtliche Zwischenfragen sein.
– Für einige dieser Anordnungen sieht der Entwurf die Beschwerde jeweils im Sachzusammenhang ausdrücklich vor (Bst. b Ziff. 1). Beispiele: Ausstand (Art. 50), Nebenintervention (Art. 75 Abs. 2), Streitverkündungsklage (Art. 82 Abs. 4), Festlegung von Vorschüssen und Sicherheitsleistungen (Art. 103), Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 121), Sistierung eines Verfahrens (Art. 126 Abs. 2), Klageüberweisung bei Konnexität (Art. 127 Abs. 2), Verhängung einer Ordnungsbusse (Art. 128 Abs. 4), Durchsetzung der Mitwirkungspflicht Dritter (Art. 167 Abs. 3), Entschädigung einer sachverständigen Person (Art. 184 Abs. 3). Weil diese Anordnungen von besonderer Tragweite sind, sollen die Betroffenen sofort Beschwerde führen dürfen, um den angeblichen Verfahrensfehler zur rügen. Sie brauchen nicht den Endentscheid in der Sache abzuwarten.
– Die selbstständige Anfechtung aller anderen Inzidenzentscheide hingegen ist erschwert, denn der Gang des Prozesses soll nicht unnötig verzögert werden (Bst. b Ziff. 2). Zu denken ist an prozessleitende Verfügungen wie Vorladungen (Art. 133), Terminverschiebungen (Art. 135), Fristerstreckungen (Art. 142 Abs. 2) oder Beweisanordnungen (Art. 231). Solche gerichtlichen Verfügungen können separat nur angfochten werden, wenn die betroffene Person einen nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil dartut. Wenn also eine Partei beispielsweise eine unrichtige Beweisverfügung oder die Ablehnung einer Zeugin oder eines Zeugen kritisieren will, kann sie das grundsätzlich erst im Rahmen des Hauptrechtsmittels gegen den Endentscheid tun. Primär ist die Beschwerde – wie gesagt – auch bei Rechtsverzögerung (Bst. c). Darunter fällt auch die qualifizierte Form der Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV). Auch Verfehlungen der Schlichtungsbehörde sind hier zu subsumieren, z.B. wenn die Parteien nicht innert zwei Monaten zur Verhandlung vorgeladen werden (Art. 203 Abs. 1). Zu beachten ist, dass Inzidenzentscheide und Rechtsverzögerung der Rechtsmittelinstanz selber (z.B. eine prozessleitende Verfügung im Rahmen eines Berufungsverfahrens) oder einziger kantonaler Gerichte (Art. 58) innerkantonal nicht anfechtbar sind, sondern – bei gegebenen Voraussetzungen – einer Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen.