Art. 153 Beweiserhebung von Amtes wegen
1 Das Gericht erhebt von Amtes wegen Beweis, wenn der Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen ist.
2 Es kann von Amtes wegen Beweis erheben, wenn an der Richtigkeit einer nicht streitigen Tatsache erhebliche Zweifel bestehen.
Im Zivilprozess tragen grundsätzlich die Parteien die Verantwortung für die Sammlung des Prozessstoffes: Sie bringen die Tatsachenbehauptungen vor und bezeichnen die entsprechenden Beweismittel (Verhandlungsmaxime; Art 56 Abs. 1). Zudem kann sich das Gericht grundsätzlich mit der formellen Wahrheit begnügen: Was die Parteien übereinstimmend behaupten, ist für das Gericht bindend und schliesst eine Beweisführung aus. Zu diesen Grundsätzen gibt es jedoch Ausnahmen: - Zum einen trägt das Gericht bei Verfahren, in denen der Untersuchungsgrundsatz gilt, eine (Mit-)Verantwortung für die Erstellung des Sachverhaltes ( Abs. 1 ). Das ist insbesondere der Fall im vereinfachten Verfahren ( Art. 247 ), im Verfahren vor dem Konkurs- und Nachlassgericht sowie bei der freiwilligen Gerichtsbarkeit ( Art. 255 ). Hier ist das Gericht für die Beweiserhebung nicht an die Parteianträge gebunden. Trotz Untersuchungsmaxime müssen die Parteien jedoch mitwirken ( Art. 160 Abs. 1): Sie haben die erforderlichen Beweismittel zu bezeichnen – allenfalls unter Mithilfe des Gerichts. Die Untersuchungsmaxime entbindet die Parteien auch nicht zur Bezahlung der entsprechenden Vorschüsse ( Art. 102 Abs. 3). Missachtet eine Partei diese Obliegenheiten, so kann die Beweisführung unterbleiben. Nur im Bereich der klassischen Untersuchungsmaxime – also bei Angelegenheiten, in denen das Gericht den Sachverhalt nicht nur festzustellen , sondern zu erforschen hat ( Art. 296 ) – müsste gleichwohl Beweis erhoben werden. - Ferner kann das Gericht von sich aus Beweis erheben, wenn es an der Richtigkeit einer nicht streitigen Tatsache erhebliche Zweifel hat ( Abs. 2 ). Diese Möglichkeit besteht auch im ordentlichen Prozess, der sonst ganz von der Verhandlungsmaxime beherrscht wird. Wenn die Vorbringen der anwesenden Partei keineswegs glaubwürdig sind, soll das Gericht nicht zu einem Urteil gezwungen sein, das – etwa wegen Säumnis einer Partei – auf einem unwidersprochenen Sachverhalt beruht (vgl. auch Art. 12 Abs. 3 BZP ). Absatz 2 korrigiert solche unhaltbaren Konsequenzen der Verhandlungsmaxime.